„Das Buch der Augen“ 2025 – e-Book und neue Gedanken

Dieses Jahr nehme ich mich endlich eines überfälligen Projekts an: Ich habe die e-Book-Rechte für „Das Buch der Augen“ zurückbekommen und bin jetzt dabei, das Buch für die e-Book-Veröffentlichung vorzubereiten.
Was gehört zu einer e-Book-Veröffentlichung?
Meine Arbeitsschritte für die Veröffentlichung sind:
- Lizenz für das Cover erwerben (Ich kann zum Glück das fantastische Cover der Print-Ausgabe verwenden)
- Einen e-Book-Distributor finden, für den es kein Problem ist, dass die Print-Rechte anderswo liegen
- Einen seriösen Impressumsservice buchen, damit ich im Buch nicht meine Adresse angeben muss
- Die Chance nutzen, noch einmal den Text auf Fehler zu checken (zwei Durchgänge)
- Das Buch formatieren und tatsächlich hochladen
Aktuell bin ich bei Schritt vier. Ich möchte mein Buch auf jeden Fall auf mehreren Plattformen zugänglich machen – ich bin nicht konsequent genug, Amazon zu boykottieren, aber ich respektiere die Leute, die es tun, und möchte, dass sie das e-Book auch anderswo kaufen können. Ich hatte aber über eine gestaffelte Veröffentlichung nachgedacht, bei der ich „Das Buch der Augen“ erstmal drei Monate oder so ausschließlich auf Amazon veröffentlichen, damit ich Kindle Unlimited nutzen kann. Wahrscheinlich werde ich es jedoch auf allen Plattformen gleichzeitig veröffentlichen und auf Kindle Unlimited verzichten. Der Termin, den ich dafür anstrebe, ist Ende Juni/Anfang Juli.
Der zeitaufwändigste Schritt ist die Überarbeitung. Ich habe mir das aktuellste Word-Dokument gegriffen, das ich finden konnte, und gehe es nun noch einmal durch. In erster Linie geht es mir um Rechtschreib- und Grammatikfehler, die mir und dem Lektorat zuvor durchgerutscht sind, sowie um die exzessiven Gedankenstriche, die auch Satzanfänge sein könnten. In seltenen Fällen glätte ich auch Formulierungen; inhaltlich fasse ich das Buch nahezu nicht an, mit einer Ausnahme.
Hello, fellow kids
Die Geschichte ist für mich weiterhin in alternativen 2020ern verortet, in denen die Corona-Pandemie nicht stattgefunden hat, schließlich gibt es keine Anspielungen auf diese im Buch. Trotzdem mag ich es immer sehr, wenn man sich bei Urban-Fantasy, die nicht untrennbar mit einem bestimmten Ereignis verknüpft ist, ein wenig Spielraum hat, wo man die Ereignisse zeitlich verortet.
Um das Buch etwas zeitloser wirken zu lassen, habe ich die also Namen und Verweise auf konkrete Social-Media-Plattformen herausgenommen. Als ich das Buch 2019 geschrieben habe, war Twitter der Ort, wo man eine junge, eher linke Frau wie Renia finden würde. In 2025 hingegen kann ich sie mir da hingegen nicht mehr so richtig vorstellen, und Facebook-Nutzung will auch nicht so recht zu ihr passen.
Allgemein finde ich es spannend, zum Buch zurückzukehren und jetzt fast zehn Jahre älter als die Protagonistin zu sein. Kultur entwickelt sich sehr schnell und ich hatte einige Vergleiche eingebaut, die eine Frau, die heute um die 21 ist, nicht so machen würde. Zum Beispiel zieht Renia Vergleiche zum Stil clickbaitiger BuzzFeed-Überschriften oder vergleicht etwas mit einem Nightcore-Remix – beides Sachen, bei denen ich beim Schreiben schon dachte, dass sie nicht mehr super aktuell sind, und jetzt würde ich das auf keinen Fall an der Oberfläche des Bewusstseins eines jungen Erwachsenen vermuten.
Was denke ich jetzt über das Buch?
Ich bin manchmal fast ein bisschen verlegen, wie gradlinig „Das Buch der Augen“ erzählt ist. Es gibt graduelle Enthüllungen von Informationen über die Welt und neuer Facetten der Haupt- und Nebenfiguren, aber es ist keine komplexe politische Fantasy voller Twists. Mit etwas zeitlichem Abstand bin ich aber positiv überrascht, wie gut mich die Sprache in den Kopf meiner Hauptfigur und in die geschilderte Urban-Fantasy-Welt führt, und wie viel Spaß ich daran habe, mir letztere bildlich vorzustellen. „Das Buch der Augen“ spielt in einem Setting, das weder Lesende noch Figuren je komplett verstehen, dafür erleben sie es aber in all seiner düsteren Opulenz. Ich mag die Ästhetik und Atmosphäre des Buches sehr: das kalte, heruntergekommene, aber doch irgendwie vertraute Berlin und die anderen Welten mit all ihrem Anlass zu Staunen und Schrecken, ihren Formen und Farbschemata und beängstigenden (oder auffällig abwesenden) Bewohnern.
Wahrscheinlich werde ich nie objektiv beurteilen können, wie gut Renia als Figur funktioniert – sie ist in vieler Hinsicht anders als ich, aber gleichzeitig habe ich bei ihr stärker aus meinen persönlichen Erfahrungen geschöpft als bei jeder meiner High-Fantasy-Figuren, die einen völlig anderen Hintergrund haben und bei denen psychische Gesundheit auf andere Weise thematisiert wird. Daher mag es an unseren Gemeinsamkeiten liegen, dass ich sie beim Lesen unglaublich plausibel finde. Ich bin aber vorsichtig optimistisch, dass der Text sie tatsächlich gut mit all ihrer Verletzlichkeit und Sehnsucht, ihrer Arroganz und ihren Zweifeln einfängt. Renia, ihre Entwicklung und ihr Kampf gegen offensichtliche und weniger offensichtliche Gefahren ist das Herz des Buches und ich bin sehr zufrieden mit ihr und ihrer Stimme.
Ich wünschte, DBDA wäre nicht relevant
Eine sehr ambivalente Erfahrung ist es, „Das Buch der Augen“ zu lesen und festzustellen, dass das Buch vielleicht aktueller ist als zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung. Viel hat sich nicht geändert – Renia hat zum Beispiel nach wie vor allen Grund, bei einem Klimaprotest zu stehen, der im Vergleich zu früher an Teilnehmenden und Hoffnung verloren hat, und an politischer Stagnation zu verzweifeln.
Das große Thema im Buch ist jedoch Renias Kampf mit Depression und Einsamkeit und fehlendem Selbstwertgefühl und früher oder später wird allen Lesenden (und Renia als allerletztes) auffallen, dass ihre Versuche, wenigstens ihr Essverhalten zu kontrollieren, gefährlich ausgeartet sind. Renias Geschichte ist eine Charakterstudie und eine actionreiche Urban-Fantasy-Geschichte über Menschen und Monster, aber ein kleines bisschen auch warnendes Beispiel. Und das sie fühlt sich in einer Zeit vermehrter Schlagzeilen über die Rückkehr von sehr dünnen Körpern als Schönheitsideal und Influencer und Online-Bubbles, die gefährlich restriktives Essverhalten propagieren, leider sehr gegenwartsbezogen und relevant an.
Oft sind es die Realitätsbezüge, die die Arbeit an einer Geschichte für mich interessant machen – gerade bei meinen jüngeren Projekten, die sich mehr aus meinen Erfahrungen, meinen Gedanken und meinem Wissen über die reale Welt in Geschichte und Gegenwart speisen als noch die Drúdir-Trilogie, die sehr ein Remix meiner Fantasy-Einflüsse war. Gleichzeitig schaue ich meine Bücher an und wünsche mir, dass Leute sie als puren Eskapismus lesen könnten, bei dem sich die geschilderten Probleme weit weg anfühlen.

