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Meine Buchentdeckungen von 2021 - Teil 1

Swantje Niemann • Aug. 01, 2021
Einige der im Beitrag genannten Bücher in einem weißen Regal.

Normalerweise veröffentliche ich am Ende jedes Jahres eine Liste der Bücher, die mich beeindruckt oder besonders gut unterhalten haben. 2021 bin ich jedoch sehr viel zum Lesen gekommen und hatte außerdem eine Menge Glück bei der Auswahl der gelesenen Bücher. Darum gibt es dieses Jahr zwei Posts, diesen hier für die ersten sechs Monate des Jahres und dann einen zweiten am Jahresende.


T.R. Napper: Neon Leviathan

Eine Sammlung intelligenter, empathischer Cyberpunk-Geschichten, die ganz nah an ihren spannenden Hauptfiguren bleiben. Definitiv eine neue Lieblings-Anthologie.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


P. Djélì Clark: Ring Shout

Diese antirassistische Adaption von Lovecrafts Mythologie verflechtet amerikanische Geschichte, Urban Fantasy und Horror zu einem beeindruckenden Gesamtbild und transportiert auf weniger als 200 Seiten eine Menge. 

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Malka Older: Null States, State Techtonics

Ich bin endlich dazu gekommen, Band 2 und 3 von Malka Olders „Centenal Cycle“ zu lesen. Die Bücher erkunden nicht nur auf spannende Weise die Zukunft der Demokratie in einer digitalisierten, globalisierten Welt. Older schafft es auch, die zentralen Figuren ihres großen, sehr vielfältigen Figurenensembles gleichzeitig hyperkompetent, aber auch sehr menschlich und manchmal unsicher zu zeigen.


Brian Staveley: Skullsworn

Eines dieser Bücher, welche demonstrieren, wie wirkungsvoll gekonnt gemachtes Erzählen aus der ersten Person ist – aus der Perspektive der Attentäterin/Priesterin Pyrre ergibt eine ziemlich abgedrehte Handlung komplett Sinn.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Pragya Agarwal: Sway

Ein meiner Meinung nach sehr wichtiges, zugängliches Buch über die psychologischen Mechanismen hinter Vorurteilen und die Auswirkungen, die Vorurteile auf die Leben der davon betroffenen Menschen haben.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Silvia Klein: Nachts sind alle Gedanken Grau

Silvia Klein liefert eine der überzeugendsten Darstellungen einer Hauptfigur mit einer psychischen Krankheit, die ich kenne, und erzählt zurückhaltend, aber präzise von Beziehungen im Schatten verschiedener Probleme und dem Erwachsenwerden.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Fonda Lee: Jade War

Auf im zweiten Band der „Green Bone Saga“ zeigt Fonda Lee, dass sie eine Meisterin darin ist, eine dynamische Welt zu schaffen, die sich unglaublich real anfühlt, und spannende Interaktionen zwischen ihrer fiktiven Kultur und den Persönlichkeiten der Hautpfiguren zu zeigen.


Brandon Sanderson: Rhythm of War

Brandon Sanderson ist in “Rhythm of War” (Stormlight Archive #4) gewohnt episch unterwegs und zeigt verstärkt die Verbindungen zu seinen anderen Welten auf. Aber auch hier gibt es einige bewegende Momente, die viel mit den inneren Konflikten der Figuren zu tun haben. 


Peter McLean: Priest of Bones

„Priest of Bones“ stellt mit Thomas Piety einen spannenden, zwielichtigen Protagonisten ins Zentrum der Geschichte. Viele Fantasyromane legen einen starken Fokus auf Figuren, die sich in Kämpfen behaupten können, und entsprechend erfrischend fand ich es, hier eine Figur erkundet zu sehen, die eher auf die richtige Organisation/Manipulation setzt.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


M.L. Wang: The Sword of Kaigen

In „The Sword of Kaigen” trifft bildgewaltige Phantastik mit japanischem Flair auf tiefe (verletzte) Emotionen.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Nora Bendzko: Die Götter müssen Sterben

Nora Bendzko verpasst vertrauten Geschichten um Götter und Helden ihre ganz eigenen, progressiven Twists und entwirft dabei eine ebenso farbenprächtige wie blutige Welt.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Guy Gavriel Kay: River of Stars

Dieses melancholische, vom China der Song-Dynastie inspirierte Epos folgt den Pfaden mehrerer spannender Figuren durch ein zerfallendes Imperium.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Elea Brandt: Mutterschoß

Ein düsterer Fantasythriller voller origineller Ideen.

Ausführliche Rezension auf Literatopia


Honorable Mentions

Michael R. Fletcher: Ghosts of Tomorrow (Rezension auf Literatopia)

Hengameh Yaghoobifarah: Das Ministerium der Träume

Margaret Atwood: The Handmaid’s Tale


Vier der im Beitrag beschriebenen Bücher in einem weißen Regal
von Swantje Niemann 28 Dez., 2023
Ich habe dieses Jahr wieder einige Bücher entdeckt, die ich nur zu gerne weiterempfehle.
Bild einer etwas krakeligen Mindmap
von Swantje Niemann 20 Nov., 2023
Gleich noch ein spannendes Team-Projekt!
Cover des Romans
von Swantje Niemann 04 Nov., 2023
"Königsgift" und seine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte
Die Bücher
von Swantje Niemann 22 Apr., 2023
Die Liste der Bücher, die sich mir 2022 eingeprägt haben, ist mal wieder sehr lang geworden. Hier sind ein paar davon: Fantasy 2022 habe ich die „Green Bone“-Saga beendet und zusätzlich die Novelle „The Jade Setter of Janloon“ gehört. Fonda Lee führt die Geschichte um den No-Peak-Clan zu einem sehr befriedigenden Ende und weitet immer weiter aus, wie viel von ihrer sehr modern und realistisch anmutenden Sekundärwelt ihre Geschichte abdeckt. Sie schreibt charismatische, moralisch ambige Figuren, die sich beim Lesen ins Gedächtnis schreiben und deren Überzeugungen und Charakterzüge überzeugende Wechselwirkungen mit ihrer Gesellschaft haben. Ich habe im letzten Jahr auch den bisher neuesten Band der „Masquerade“-Reihe von Seth Dickinson gelesen. „The Tyrant Baru Cormorant“ ve rvollständigt das relativ unbefriedigende „The Monster Baru Cormorant“ zu einem schließlich doch sehr überzeugenden Ganzen. Es geht um Krebsmagie, um Imperialismus, Kolonialismus und Widerstand, und um eine faszinierende, zerrissene Hauptfigur, die viel(e) opfert, um ein Imperium zu Fall zu bringen. Der Weltenbau ist originell und komplex, die Auseinandersetzung mit Imperialismus und Kolonialismus tiefer, als ich es von dem Genre gewohnt bin. Ähnlich explizit anti-imperial geht es in „Babel“ von R.F. Kuang zu (tatsächlich hätte die Autorin dem Publikum hier und da ein bisschen mehr darin vertrauen können, dass es angesichts der geschilderten Ereignisse schon zu den gleichen Schlüssen kommt wie sie). In einem alternativen magischen Oxford des 19. Jahrhunderts findet der junge Übersetzer Robin intellektuelle Herausforderungen, Luxus und Freundschaft – vorausgesetzt, er spielt weiter brav seine Rolle als Handlanger eines Imperiums, das auf ihn angewiesen ist, aber ihm echte Zugehörigkeit verweigert. Schließlich erreicht Robin einen Punkt, an dem er eine Entscheidung treffen muss. Ein wütendes, mitreißendes Buch voller Wissen zu Geschichte und Linguistik (bei dem ich bei allen seinen Stärken allerdings kritisieren würde, dass bestimmte Figuren sich eher wie Werkzeuge, um bestimmte Punkte zu illustrieren, als wie dreidimensionale Persönlichkeiten anfühlen – Robins Charakterisierung ist jedoch gut gelungen). Außerdem konnte ich eines meiner großen Leseprojekte beenden: Ich habe nun alle zehn Bände des „Malazan Book of the Fallen“ gelesen. Es handelt sich um eine Buchreihe, die eine unglaubliche Bandbreite an Figuren, Schauplätzen, Plots, Registern und Themen abdeckt. Wie in einer so vielfältigen Reihe manchmal nicht anders zu erwarten, konnte ich mit einigen Abschnitten mehr anfangen als mit anderen. Aber die emotionalen Momente sind kraftvoll, die heraufbeschworenen Bilder episch und die Themen der Bücher sehr relevant. Malazan lesen fühlt sich manchmal ein bisschen wie Arbeit an, aber wie Arbeit, die es absolut wert ist. Manchmal scheuen Autor*innen davor zurück, Figuren mit marginalisierten Identitäten moralisch graue oder auch nur unsympathische Züge zu geben. In „Sanguen Daemonis“ ist das nicht der Fall. Anna Zabinis sehr diverses Figurenensemble steckt voller innerer und äußerer Konflikte, und hinzu kommt ein Setting voller Paranoia und Düsternis. Der dystopische Urban-Fantasy-Roman ist antichronologisch erzählt und ist insgesamt angenehm ehrgeizig. „Das Rot der Nacht“ von Kathrin Ils ist ein solider, in sich geschlossener Roman mit einem atmosphärischen, mittelalterlich inspirierten Setting. In der klaustrophobischen Atmosphäre eines von Misstrauen erfüllten Dorfes muss die Protagonistin, Belanca, mit einer sehr gefährlichen Situation umgehen. Im Zuge dessen stellt sie fest, dass mehr in ihr steckt, als erwartet. Science-Fiction Ich bin durch einen Artikel namens „The Edgy Writing of Blindsight“ auf Peter Watts Roman gestoßen und auch wenn ich nachvollziehen kann, wieso die Verfasserin nichts mit dem Buch anfangen konnte, war meine Neugier durch die Zitate geweckt – und ich bin froh darüber, das Buch gelesen zu haben. „Blindsight“ ist ehrgeizig, vollgestopft mit Ideen und eine ebenso düstere wie hypnotische Kombination aus Science Fiction und Cosmic Horror. Das Buch wartet mit einem kühnen Gedankenexperiment zu Intelligenz und Bewusstsein und mit einer starken zentralen These auf, der man nicht zustimmen muss, um etwas von dem Buch zu haben. Ich verstehe das Worldbuilding von „Ninefox Gambit“ zugegebenermaßen immer noch nicht komplett, aber diese Welt mit einem Imperium, dass einen speziellen Kalender befolgt und verteidigt und Macht aus diesem zieht, ist ebenso überwältigend, wie sie spannend ist. Darüber hinaus ist das Buch spannend, gut geschrieben und wartet mit einer außergewöhnlichen Figurenkonstellation (die Hauptfigur trägt den Geist eines vermeintlich wahnsinnigen Generals mit sich) und einigen überraschenden Wendungen auf. „The Light Brigade“ ist gritty, gesellschaftskritisch und hat mir gefallen, obwohl ich überhaupt kein Fan von Zeitreisegeschichten bin. In einer dystopischen Zukunft kämpfen hier Soldat*innen, die sich in Licht auflösen, um sich dann wieder an ihren Einsatzorten zu manifestieren, gegen einen mysteriösen Feind. Aber schnell bekommt die Protagonistin das Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Kameron Hurley hat ein spannendes, wütendes Buch voller einprägsamer Zitate geschrieben. „Dem Blitz zu nah“ ist vielleicht eher interessant, als dass das Buch Spaß macht – aber dafür ist es wirklich sehr interessant. Ada Palmer entwirft eine Zukunft, in der nicht nur Technologien, sondern auch zum Beispiel der Umgang mit Geschlecht, mit „nationaler“ Zugehörigkeit und vielem mehr radikal geändert haben. Ein Protagonist mit einer sehr dunklen Vergangenheit erzählt unter zahlreichen Bezügen auf die Zeit der Aufklärung von der Verschwörung, die sich unter dem scheinbar utopischen Frieden der „Hives“ verbirgt. Wirklich utopisch geht es in „Pantopia“ zu – allerdings ist der Weg zu der Welt, in der die Menschenrechte das oberste Gebot und ethische Entscheidungen deutlich leichter sind als in der Gegenwart, holprig und voller Ungewissheiten. Und genau über diesen erzählt Theresa Hannig gekonnt. Sie erzählt von überzeugend gezeichneten Figuren, von moralischen Kompromissen und zweiten Chancen, und nicht zuletzt radikal hoffnungsvoll. „How High We Go in the Dark” habe ich quasi zusammen mit einem Buchclub gelesen – allerdings sind einige der Lesenden zwischendrin ausgestiegen und auch ich hatte Schwierigkeiten, das Buch zu beenden. Das liegt aber keineswegs daran, dass Sequoia Nagemutsus ineinander verflochtene Geschichten schlecht wären, sondern vielmehr daran, wie bedrückend nah sich der Roman anfühlt. Es geht um eine Pandemie, Klimawandel und das oft vergebliche Bemühen, geliebte Menschen zu beschützen. In diesem Roman bricht der oft verdrängte Tod mit solcher Macht wieder in unsere Gesellschaft ein, dass den Figuren nichts anderes als eine kollektive Auseinandersetzung damit – und damit, was sie verbindet – übrigbleibt. Sachbuch „Faultiere - Ein Portrait“ von Tobias Keiling, Heidi Liedke und Judith Schalansky (Hg). konnte mich mit seinem originellen Konzept und einer Menge neuem Wissen beeindrucken. Das Buch stellt quasi eine kurze Rezeptionsgeschichte des Faultiers dar, eine Geschichte der Projektionen auf dieses ungewöhnliche Tier, die wiederum viel über die Betrachtenden verraten. In „Entstellt“ von Amanda Leduc verbindet die Autorin autobiografisches Schreiben mit einer Analyse der Darstellung von Menschen mit Behinderungen oder Entstellungen in Märchen und moderner Popkultur.
Print-Ausgaben von
von Swantje Niemann 13 Apr., 2023
Zwei sehr verschiedene Bücher erzählen beide in der ersten Person. Ich schaue mir mal genauer an, was ihren Ansatz dabei unterscheidet und wieso das in beiden Fällen sehr gut funktioniert.
Titelseite einer Ausgabe von
26 Nov., 2022
Zusammenfassung, Rezension und ein bisschen Literaturepochen-Kontext
Rostige Krone liegt auf Moos
von Swantje Niemann 12 Sept., 2022
Ein paar Überlegungen zu einem Lieblingstrope des Fantasygenres.
Aufgeschlagenes Notizbuch mit schwarzem Papier, in das viele kleine Buchcover eingeklebt sind
von Swantje Niemann 12 Aug., 2022
Eine kleine Reflektion über Buchjournals, Rezensionen und dergleichen
Alte Bücher in einem Regal
von Swantje Niemann 10 Juli, 2022
Fantasy, auch solche in von der Vergangenheit inspirierten Settings, kann Geschichte nicht einfach kopieren. Trotzdem ist die Beschäftigung damit mitunter eine echte Bereicherung fürs Schreiben.
Die Bücher
von Swantje Niemann 03 Juni, 2022
5 Buchtitel, die sofort meine Neugier geweckt haben.
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