Die Welt(en) von „Das Buch der Augen“

Das „Buch der Augen“ spielt in Berlin – weitestgehend. In diesem Post stelle ich euch mehrere Schauplätze vor, von denen nicht alle hundertprozentig in der Realität verwurzelt sind. Wenn ihr wissen wollt, was genau es mit ihnen auf sich hat und wie sie zusammenhängen, könnt ihr das im Buch nachlesen, wenn es im Oktober erscheint.
Ebene 1 bzw. unsere Welt
„Langsam gingen Lichter um uns herum an und beleuchteten etwas, das einst ein opulent eingerichtetes Hotel-Foyer gewesen war: Auf dem Boden formten Mosaiksteinchen ein Labyrinth. Ihre Blau- und Grüntöne ließen mich an eine Unterwasserwelt denken. Die Wände waren mit cremefarbener Brokattapete bedeckt. Das Licht ging von altmodischen Lampen in schweren Bronzehalterungen aus, und auch wenn die vereinzelten Möbel zum größten Teil neu zu sein schienen, sahen die Rezeption und die Getränkebar doch aus, als könnten zumindest Teile davon mehr als ein Jahrhundert alt sein.
Ich fühlte mich, als hätte ich nicht nur Berlin verlassen, sondern auch die Zeit, und befände mich nun in einem sonderbaren Limbus, wo vergessene Dinge aus verschiedenen Jahrhunderten koexistierten.“
Ebene 2 bzw. „Die Grauzone“
„Die Skizzen erwachten zum Leben, wurden zu dunkel schimmernden Häusern, in feinen Nebel gehüllt und fest im unheimlichen Raum zwischen Wiedererkennen und fundamentaler Fremdheit verankert. Der Boden unter meinen Füßen war glatt und schwarz, als sei dunkles Glas durch die Straßen geflossen und schließlich erstarrt, und tatsächlich glaubte ich, Schatten darin zu erkennen, vielarmig und vielbeinig, wie Insekten in schwarz-grünlichem Bernstein.
Der Himmel über uns war bleich und grau. Das Licht hier war anders – alles Rot und Gelb war aus der Landschaft verschwunden, und als ich eine Hand vor mein Gesicht hob, schimmerte meine Haut mondbleich. Zwei bedrohlich nahe Monde zeichneten sich hinter der Wolkendecke ab. Ich wich einem ausgeweideten Vehikel aus, das halb in den glasartigen Boden gesunken war, und mich mit seinen scharfkantigen, organischen Formen und seinem leicht glänzenden Material an ein Insekt erinnerte. Überall machte sich Verfall bemerkbar, und dass noch immer bleiche Laternen in verschnörkelten, asymmetrischen Halterungen brannten, fühlte sich so falsch an wie eine Leiche, die den Kopf wandte, um mich anzulächeln. Langsam registrierte ich auch die Kälte, die einen Weg durch meine Kleidung fand.“
Ebene 3 bzw. „Die Rote Welt“
„Auf den letzten hundert Kilometern vor Berlin sah ich die Welt flackern und zerreißen. Der Boden wurde zu Glas und unter mir gähnte ein roter Himmel. Geflügelte Silhouetten kreisten dort, gerade nahe genug, um zu erahnen, dass es keine Vögel waren.
Mit einem gereizten Seufzen blinzelte ich die Bilder weg. Manchmal wünschte ich mir, alle meine Albträume wären so atmosphärisch wie die Landschaften aus Rot und Anthrazit und Knochenweiß, die sich manchmal über meine Realität legten wie ein wenig schmeichelhafter Filter.“
Falls ihr wissen möchtet, aus welcher Perspektive diese Exzerpte geschrieben sind: Hier erfahrt ihr mehr über die Protagonistin.

