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Untragische Hintergrundgeschichten: Das Cover von "Drúdir - Dampf und Magie"

Swantje Niemann • März 20, 2018

Da ich den Entstehungsprozess meines neuen Covers nicht nur aus den offensichtlichen Gründen spannend fand, erzähle ich hier ein bisschen darüber.

Für meinen Verleger Holger Kliemannel stand sofort fest, das Joerg „Joerch“ Schlonies der richtige Künstler für „Drúdir“ ist. In seinem Fantasy-Art-Studio entwirft er Illustrationen, Buchcover und Konzepte für phantastische Figuren. Seine Galerie zeigt, dass er eine besondere Affinität zu Zwergen hat, also hat das schon einmal perfekt gepasst.

Ich habe ihm ein Exposé meines Romans, Auszüge, in denen Figuren und Orte beschrieben sind, und auch einige Skizzen geschickt. Was Joerg daraus gemacht hat, war der Coverentwurf, der auch als Beitragsbild dient.


Da „Drúdir“ eigentlich erst 2018 erscheinen sollte, unerwartet aber doch einen Platz im Herbstprogramm 2017 erhalten hat und das Cover daher schnell fertig werden musste, war klar, dass es keine Zeit für alternative Entwürfe geben würde. Umso besser, dass gleich der Erste so gut aussah.

Ich bin eigentlich kein Fan von Gesichtern auf Covern, aber gerade die menschliche Gesichtshälfte der Automate ist unglaublich nahe an meinen Vorstellungen (ich schmeichle mir, dass ich bei ihrer Beschreibung wohl etwas richtig gemacht haben muss). Auch die Spannung zwischen menschlichen und Maschinenzügen weckt sofort Interesse.

Drúdir hatte ich mir anders vorgestellt, aber Joerg hatte ziemlich gute Argumente dafür, dass er möglichst zwergisch aussehen soll. Er hat sich aber gerne bereit gefunden, Drúdir einen kürzeren Bart und den langen Mantel zu verpassen, den er im Buch meist trägt.

In Farbe und mit präziser ausgearbeiteten Details sah dann fast so aus wie die Version, die ihr auch im Buchladen kaufen könnt.


Insbesondere der Hintergrund hat mich überrascht und beeindruckt. Ich hatte mir Schwarzspiegel als „Viktorianisches London meets Moria/Erebor meets Venedig“ vorgestellt, aber was Joerg geschaffen hat, ist viel interessanter und individueller – ganz zu schweigen von „steampunkiger“. Das hat mich wieder darin bestätigt, mich über jeden neuen Leser zu freuen, den mein Buch erreicht, da keine zwei Personen je das gleiche Buch lesen und mich einfach fasziniert, wie verschiedene Vorstellungen meine Worte wecken können.

Es gab nur noch ein kleines Problem: Die Haarfarbe der Automate (weißblond) harmonierte wunderbar mit dem Hintergrund und Farbschema, aber ich wurde von ein paar Lesern darauf angesprochen, dass sie in zu krassem Gegensatz zu dem steht, was im Buch beschrieben wird. Also habe ich Joerg noch einmal angeschrieben.

Das Resultat – und endgültige Cover – kennt ihr.


Wie ihr vielleicht gemerkt hat, hat „Drúdir“ nicht nur einen Stab mit Glühbirne, sondern auch einen Untertitel bekommen. Da der Roman sehr um die Charaktere kreist, hat mir die Idee gefallen, den Namen meiner Hauptfigur zum Titel zu machen. Für die meisten Leser ist er jedoch ein Fantasy-Wort ohne jede Bedeutung.

„Dampf und Magie“ vermittelt hoffentlich einen besseren Eindruck davon, was zwischen den Buchdeckeln wartet: Eine Welt, in der Magie und Technologie mal harmonisch koexistieren und sich mal auf eine Weise aneinander reiben, die eine Menge Funken sprühen lässt.

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Es geht um Krebsmagie, um Imperialismus, Kolonialismus und Widerstand, und um eine faszinierende, zerrissene Hauptfigur, die viel(e) opfert, um ein Imperium zu Fall zu bringen. Der Weltenbau ist originell und komplex, die Auseinandersetzung mit Imperialismus und Kolonialismus tiefer, als ich es von dem Genre gewohnt bin. Ähnlich explizit anti-imperial geht es in „Babel“ von R.F. Kuang zu (tatsächlich hätte die Autorin dem Publikum hier und da ein bisschen mehr darin vertrauen können, dass es angesichts der geschilderten Ereignisse schon zu den gleichen Schlüssen kommt wie sie). In einem alternativen magischen Oxford des 19. Jahrhunderts findet der junge Übersetzer Robin intellektuelle Herausforderungen, Luxus und Freundschaft – vorausgesetzt, er spielt weiter brav seine Rolle als Handlanger eines Imperiums, das auf ihn angewiesen ist, aber ihm echte Zugehörigkeit verweigert. Schließlich erreicht Robin einen Punkt, an dem er eine Entscheidung treffen muss. Ein wütendes, mitreißendes Buch voller Wissen zu Geschichte und Linguistik (bei dem ich bei allen seinen Stärken allerdings kritisieren würde, dass bestimmte Figuren sich eher wie Werkzeuge, um bestimmte Punkte zu illustrieren, als wie dreidimensionale Persönlichkeiten anfühlen – Robins Charakterisierung ist jedoch gut gelungen). Außerdem konnte ich eines meiner großen Leseprojekte beenden: Ich habe nun alle zehn Bände des „Malazan Book of the Fallen“ gelesen. Es handelt sich um eine Buchreihe, die eine unglaubliche Bandbreite an Figuren, Schauplätzen, Plots, Registern und Themen abdeckt. Wie in einer so vielfältigen Reihe manchmal nicht anders zu erwarten, konnte ich mit einigen Abschnitten mehr anfangen als mit anderen. Aber die emotionalen Momente sind kraftvoll, die heraufbeschworenen Bilder episch und die Themen der Bücher sehr relevant. Malazan lesen fühlt sich manchmal ein bisschen wie Arbeit an, aber wie Arbeit, die es absolut wert ist. Manchmal scheuen Autor*innen davor zurück, Figuren mit marginalisierten Identitäten moralisch graue oder auch nur unsympathische Züge zu geben. In „Sanguen Daemonis“ ist das nicht der Fall. Anna Zabinis sehr diverses Figurenensemble steckt voller innerer und äußerer Konflikte, und hinzu kommt ein Setting voller Paranoia und Düsternis. Der dystopische Urban-Fantasy-Roman ist antichronologisch erzählt und ist insgesamt angenehm ehrgeizig. „Das Rot der Nacht“ von Kathrin Ils ist ein solider, in sich geschlossener Roman mit einem atmosphärischen, mittelalterlich inspirierten Setting. In der klaustrophobischen Atmosphäre eines von Misstrauen erfüllten Dorfes muss die Protagonistin, Belanca, mit einer sehr gefährlichen Situation umgehen. Im Zuge dessen stellt sie fest, dass mehr in ihr steckt, als erwartet. Science-Fiction Ich bin durch einen Artikel namens „The Edgy Writing of Blindsight“ auf Peter Watts Roman gestoßen und auch wenn ich nachvollziehen kann, wieso die Verfasserin nichts mit dem Buch anfangen konnte, war meine Neugier durch die Zitate geweckt – und ich bin froh darüber, das Buch gelesen zu haben. „Blindsight“ ist ehrgeizig, vollgestopft mit Ideen und eine ebenso düstere wie hypnotische Kombination aus Science Fiction und Cosmic Horror. Das Buch wartet mit einem kühnen Gedankenexperiment zu Intelligenz und Bewusstsein und mit einer starken zentralen These auf, der man nicht zustimmen muss, um etwas von dem Buch zu haben. Ich verstehe das Worldbuilding von „Ninefox Gambit“ zugegebenermaßen immer noch nicht komplett, aber diese Welt mit einem Imperium, dass einen speziellen Kalender befolgt und verteidigt und Macht aus diesem zieht, ist ebenso überwältigend, wie sie spannend ist. Darüber hinaus ist das Buch spannend, gut geschrieben und wartet mit einer außergewöhnlichen Figurenkonstellation (die Hauptfigur trägt den Geist eines vermeintlich wahnsinnigen Generals mit sich) und einigen überraschenden Wendungen auf. „The Light Brigade“ ist gritty, gesellschaftskritisch und hat mir gefallen, obwohl ich überhaupt kein Fan von Zeitreisegeschichten bin. In einer dystopischen Zukunft kämpfen hier Soldat*innen, die sich in Licht auflösen, um sich dann wieder an ihren Einsatzorten zu manifestieren, gegen einen mysteriösen Feind. Aber schnell bekommt die Protagonistin das Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Kameron Hurley hat ein spannendes, wütendes Buch voller einprägsamer Zitate geschrieben. „Dem Blitz zu nah“ ist vielleicht eher interessant, als dass das Buch Spaß macht – aber dafür ist es wirklich sehr interessant. Ada Palmer entwirft eine Zukunft, in der nicht nur Technologien, sondern auch zum Beispiel der Umgang mit Geschlecht, mit „nationaler“ Zugehörigkeit und vielem mehr radikal geändert haben. Ein Protagonist mit einer sehr dunklen Vergangenheit erzählt unter zahlreichen Bezügen auf die Zeit der Aufklärung von der Verschwörung, die sich unter dem scheinbar utopischen Frieden der „Hives“ verbirgt. Wirklich utopisch geht es in „Pantopia“ zu – allerdings ist der Weg zu der Welt, in der die Menschenrechte das oberste Gebot und ethische Entscheidungen deutlich leichter sind als in der Gegenwart, holprig und voller Ungewissheiten. Und genau über diesen erzählt Theresa Hannig gekonnt. Sie erzählt von überzeugend gezeichneten Figuren, von moralischen Kompromissen und zweiten Chancen, und nicht zuletzt radikal hoffnungsvoll. „How High We Go in the Dark” habe ich quasi zusammen mit einem Buchclub gelesen – allerdings sind einige der Lesenden zwischendrin ausgestiegen und auch ich hatte Schwierigkeiten, das Buch zu beenden. Das liegt aber keineswegs daran, dass Sequoia Nagemutsus ineinander verflochtene Geschichten schlecht wären, sondern vielmehr daran, wie bedrückend nah sich der Roman anfühlt. Es geht um eine Pandemie, Klimawandel und das oft vergebliche Bemühen, geliebte Menschen zu beschützen. In diesem Roman bricht der oft verdrängte Tod mit solcher Macht wieder in unsere Gesellschaft ein, dass den Figuren nichts anderes als eine kollektive Auseinandersetzung damit – und damit, was sie verbindet – übrigbleibt. Sachbuch „Faultiere - Ein Portrait“ von Tobias Keiling, Heidi Liedke und Judith Schalansky (Hg). konnte mich mit seinem originellen Konzept und einer Menge neuem Wissen beeindrucken. Das Buch stellt quasi eine kurze Rezeptionsgeschichte des Faultiers dar, eine Geschichte der Projektionen auf dieses ungewöhnliche Tier, die wiederum viel über die Betrachtenden verraten. In „Entstellt“ von Amanda Leduc verbindet die Autorin autobiografisches Schreiben mit einer Analyse der Darstellung von Menschen mit Behinderungen oder Entstellungen in Märchen und moderner Popkultur.
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