Rezension: N.K. Jemisin - The Fifth Season (The Broken Earth, Buch 1)

Swantje Niemann • 20. März 2018

N.K. Jemisin entführt ihre Leser in eine ebenso originell ausgedachte und geschriebene wie gnadenlose Welt.


Klappentext

IT STARTS WITH THE GREAT RED RIFT across the heart of the world’s sole continent, spewing ash that blots out the sun.

IT STARTS WITH DEATH, with a murdered son and a missing daughter.

IT STARTS WITH BETRAYAL, and long dormant wounds rising up to fester.

This is the Stillness, a land long familiar with catastrophe, where the power of the earth is wielded as a weapon. And where there is no mercy.


Handlung

“The Fifth Season” spielt auf einem Kontinent, dessen Name “The Stillness” nicht bitter-ironischer sein könnte, denn Erdbeben und Vulkanausbrüche haben in der Vergangenheit immer wieder große Teile der Menschheit ausgelöscht. Überall finden sich „Deadciv“-Relikte – Überreste vergangener Hochkulturen, die jedoch nicht gut genug auf die „Fifth Season“ vorbereitet waren, die sie ausgelöscht haben. Die „Fünfte Jahreszeit“, auf die der Titel verweist, ist die Zeit des Mangels und Todes, die durch Erdbeben und Aschewolken hervorgerufen wird, und in der alle Gemeinschaften auf ihre Vorräte angewiesen sind. Überall auf dem Kontinent finden sich „Comms“, in denen die Regeln des Zusammenlebens auf einem simplen Prinzip basieren: Überleben um jeden Preis. Dabei orientieren sich die Menschen an der „Stonelore“, in Steintafeln gravierte Regeln, die es ihnen ermöglichen sollen, Fifth Seasons zu überstehen. Doch bereits im Prolog erklärt der Erzähler, dessen Identität uns erst später enthüllt wird, dass die Season, deren (unnatürlichen) Beginn er gerade schildert, Jahrtausende dauern wird. Diesmal wird die Menschheit nicht überleben.

Doch die Geschichte beginnt nicht nur mit den Erdbeben und Vulkanausbrüchen, sondern auch mit Essun – einer Frau, die entdeckt, dass ihr Mann ihren Sohn getötet und ihre Tochter entführt hat, weil er entdeckt hat, dass Essuns Kinder deren Gabe geerbt haben, deren Existenz sie ihm verschwiegen hat. Sie sind „Orogenes“: Menschen mit der Begabung, in einem bestimmten Radius Erdbeben zu unterdrücken oder auszulösen, die, um ihre – oft instinktive und unkontrollierte – Magie zu üben, Wärme aus ihrer Umgebung ziehen und so oft die Menschen in ihrer nächsten Nähe verletzen. Die „Stills“, Menschen ohne diese Begabung, hassen, fürchten und brauchen sie. Essun macht sich auf den Weg, um in einer sterbenden Welt ihre Tochter zu finden. Unterwegs trifft sie auf sonderbare Reisegefährten.

Doch es gibt noch zwei weitere Erzählstränge. In einem von ihnen lernen wir Damaya kennen, eine junge Orogene, die von einem „Guardian“ gefunden und in die Hauptstadt Yumenes gebracht wird. Dort soll sie die Kontrolle über ihre Fähigkeiten lernen. Ihr Leben hängt davon ab, dass sie diese meistert, denn Orogenes, die entweder nicht in der Lage sind, ihre Magie zu beherrschen, oder aber rebellieren, überleben nicht lange.

Syenite ist anders als Damaya keine Schülerin mehr. Sie ist in den Rängen der Orogenes aufgestiegen und wird zusammen mit dem ebenso mächtigen wie verrückten Alabaster auf eine Mission geschickt. Gerade in ihrem und Damayas Erzählstrang stecken einige ebenso interessante und beklemmende Überlegungen zu Diskriminierung und Unterdrückung. Obwohl Syenite ihren Auftraggebern gegenüber nicht unkritisch ist und anderen gegenüber durchaus bestimmt auftreten kann, illustriert ihr Erzählstrang, wie sehr die seit früher Kindheit auf Gehorsam gedrillten Orogenes den Menschen, die sie beherrschen und benutzen, irgendwann einen Teil der Arbeit abnehmen. So schlafen Syenite und Alabaster miteinander, ohne auch nur explizit dazu aufgefordert worden zu sein, weil man von ihnen erwartet, mächtige Orogenes zu zeigen und gerade Syenite beinahe unfähig ist, von Ungehorsam als einer echten Option zu denken. Dabei finden die beiden einander beinahe abstoßend.

Auf ihrer Reise entdeckt Syenite das ganze Ausmaß dessen, was Orogenes im Namen der Sicherheit der Stills angetan wird, und sie versteht, was Alabaster zu einem gebrochenen Mann gemacht hat. Sie stößt aber auch auf so rätselhafte Artefakte wie die schwebenden Obelisken, die eine besondere Verbindung zu Orogenes und schließlich dem Ende der Welt haben, trifft die wirklich nur auf den ersten Blick menschlichen Stoneeater – Wesen, deren Handlungen sie nicht nachvollziehen kann und die sich mühelos durch Erde bewegen. Syenites Wut auf die Stills, die Orogenes nach Belieben benutzen und vernichten, wächst, und für eine Zeit lang scheint es, als könnte sie ihrem Zugriff entkommen. Doch natürlich kann sie der Konfrontation mit den unheimlichen „Guardians“, die die Verfolgung aufgenommen haben, nicht für immer entgehen.

Erst allmählich erfährt man, in welcher Reihenfolge und welchem Zusammenhang die drei Erzählstränge stehen.


Figuren

Essun, Syenite und Damaya sind alle drei mächtige Orogenes an verschiedenen Punkten ihres Lebens, und die Erfahrung, über eine gefährliche Macht zu verfügen, wegen derer sie gehasst und gefürchtet werden, bestimmt das Leben von allen Dreien. Damaya versucht verzweifelt, es ihren Lehrern rechtzumachen, weil sie spürt, dass sie sich keinen Fehler erlauben kann, aber sie ist auch neugierig und spürt den Geheimnissen in ihrer Umgebung nach. Syenite ist zugleich trotzig und reizbar, aber auch schicksalsergeben und verübelt es Alabaster, dass er sie ständig provoziert und ihr die Ungerechtigkeit und Unfreiheit, mit der sie leben muss, ins Gedächtnis ruft. Essun schließlich tut ihr Bestes, um sich selbst einzureden, dass sie völlig normal ist. Nach dem Tod ihres Sohnes ist sie lange wie betäubt und konzentriert sich nur auf das Nächstliegende.

Ihnen zur Seite stehen interessante, teilweise sehr geheimnisvolle Nebenfiguren wie die vernachlässigte Tonkee, die jedoch über eine ausgezeichnete Bildung verfügt, der mysteriöse Junge Hoa, der, wie sich herausstellt, mehr als ein Mensch ist, oder der ebenso mächtige wie labile Alabaster. Ein angenehmes Detail ist übrigens, dass die Figuren ziemlich verschieden sind, was ihre ethnische Herkunft oder sexuelle Identität und Orientierung betrifft, und dieser Umstand als völlig selbstverständlich behandelt wird.

Eine weitere spannende Persönlichkeit ist der Erzähler, der sich gerade in den Essun-Kapiteln, aber auch in Interludes, direkt an den Leser wendet. Einfühlsam, aber oft eher mit einer Neigung zur Untertreibung, erzählt er Essuns Geschichte, aber ordnet die Ereignisse auch in größere Zusammenhänge an. Sein Wissen darum, was auf dem Level tektonischer Bewegungen besteht, und seine oft erschütternde Gleichgültigkeit gegenüber den kurzen, schnell ausgelöschten Leben der Menschen legt schon frühe nahe, dass er kein Mensch ist.

Dadurch, dass von Anfang an klar wird, dass die Welt untergeht, ist man automatisch etwas vorsichtiger, sich mit Figuren zu identifizieren, deren Geschichten bereits tragisch beginnen oder tragische Wendungen zu nehmen versprechen und man fühlt sich den Figuren teilweise weniger nahe als in anderen Büchern. Doch sie und ihre Geschichten bleiben durchgängig interessant und fühlen sich noch plastischer und realer an, weil man sie sowohl in Alltags- als auch in Extremsituationen erlebt.


Stil

„The Fifth Season“ wird auf ungewöhnliche Weise erzählt. Da sind die drei Erzählstränge, deren Zusammenhang erst am Ende klar wird, und die erzählende Instanz, die eindeutig selbst eine Figur in der Geschichte ist, aber sich erst spät einordnen lässt. Es ist ein spannendes Leseerlebnis, sich einfach auf die drei Geschichten einzulassen und nach und nach herauszufinden, was sie miteinander und mit dem Ende der Welt zu tun haben – wenn das schließlich enthüllt wird, ändert das den Blick auf die Geschichte noch einmal vollkommen.

Damayas und Syenites Geschichten werden vergleichsweise traditionell in der dritten Person erzählt (wenn auch im Präsens). In Essuns Geschichte hingegen spricht der Erzähler einen unsichtbaren Adressaten mit „Du“ an, erzählt ihre Geschichte somit in der zweiten Person und bringt den Leser dazu, sich in Essuns Position zu versetzen. Das klingt zuerst wie ein plumper Weg, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen, aber wirkt hier überhaupt nicht so: Zum einen ist da der oft distanzierte, fremdartige Erzählstil, zum anderen beherzigt N.K. Jemisin gerade in diesen Kapiteln den Ratschlag „Show, don’t tell“ mit großem Erfolg. Obwohl der Erzähler Einblick die Gedanken und Gefühle der Orogene hat, beschreibt er meist eher ihre Reaktionen und gerade, weil diese auf ungewöhnliche, aber eindringliche Weise ihre Trauer spiegeln, funktioniert das ausgezeichnet.

Auch sprachlich überzeugt „The Fifth Season“. Es wird nahe am Bewusstsein der Figuren erzählt, manchmal mit den beinahe umgangssprachlichen Begriffen, die auch sie gewählt hätten. Tendenziell wählt der Erzähler eher Untertreibungen und lässt die beschriebenen Ereignisse wirken. Die Wortwahl ist dennoch nicht übertrieben einfach und man hat das Gefühl, dass N.K. Jemisin sehr sorgfältig über die sprachliche Gestaltung ihres Buches nachgedacht hat.


Rezension

„The Fifth Season“ ist ein kunstvoll konstruierter Roman über drei Frauen, die versuchen, ihren Weg in einer originell ausgedachten Welt zu finden, die ihnen mit Hass und Furcht begegnet – und über weite Teile des Buches im Untergang begriffen ist. Nicht wirklich Gute-Laune-Lektüre, aber sehr, sehr lesenswert.


Little, Brown Book Group, August 2015

Imprint: Orbit

ISBN: 9780356504889

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Ich habe in der ersten Jahreshälfte wieder einige Buchentdeckungen gemacht. Hier ist ein Zwischenbericht: Fantasy Blood over Bright Haven von M.L. Wang erzählt mit großer emotionaler Intensität die Geschichte der brillanten, ehrgeizigen Magierin Sciona, die sich in einer feindseligen Universität durchsetzen muss – und über eine Wahrheit stolpert, welche ihr gesamtes Weltbild ins Wanken bringt. Das Buch ist nicht subtil in seinen Aussagen zu Rassismus und Sexismus, aber sie sind interessant und komplex genug (z.B. was das Ineinandergreifen von Rassismus, Sexismus, Klassismus und die sehr engen Grenzen des Feminismus der Hauptfigur betrifft), dass das nicht negativ ins Gewicht fällt.  Robert Jackson Bennetts The Tainted Cup verbindet gleich mehrere Genres: High Fantasy mit originellem Worldbuilding trifft hier auf einen klassischen Krimi-Plot mit einem exzentrischen Ermittler*innen-Duo, während im Hintergrund eine Katastrophe abgewendet werden muss. Das Resultat ist originell und sehr zufriedenstellend. Mit The Book that Wouldn’t Burn beginnt Mark Lawrence eine neue Trilogie, die gut genug geschrieben ist, um mich darüber hinwegsehen zu lassen, dass einige Elemente des Plots (z.B. Zeitreisen) eigentlich gar nicht mein Ding sind. Das Setting ist eine gigantische Bibliothek, die Fokus eines uralten Streits um das zweischneidige Schwert des Wissens ist. Was mich überrascht hat: die überraschend süße Liebesgeschichte, die eine große Rolle für den Roman und seinen Folgeband spielt. Urban Fantasy Naomi Noviks Scholomance -Trilogie ist eine kurze YA-Reihe, die auch erwachsene Leser*innen überzeugen kann. Sie wartet mit einer originellen Variante einer Zauberschule und einer Protagonistin auf, die äußerst schlecht gelaunt das Richtige tut und deren Erzählstil die düsteren Aspekte des Settings auf Distanz hält. Das besondere an der Reihe ist, dass sie ihre Figuren nicht wirklich gegen Antagonist*innen, sondern gegen ein systemisches Problem arbeiten – und dass es, was bei solchen Ausgangssituationen nicht sehr häufig ist, trotzdem eine optimistische Geschichte ist. In Ink Blood Sister Scribe von Emma Törsz geht es um zwei Halbschwestern, deren Leben auf sehr verschiedene von der Sammlung magischer Bücher bestimmt wird, die ihre Familie hütet. Das Buch beginnt, als sie sich nicht länger vor ihren Gegenspieler*innen verbergen können. Das Figurenensemble ist klein und statt einer ausgreifenden verborgenen Welt gibt es hier nur einige wenige übernatürliche Elemente. Figuren und Magie sind aber sorgfältig ausgearbeitet und greifen gut ineinander. Ink Blood Sister Scribe nimmt sich viel Zeit für atmosphärische, präzise Beschreibungen. 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