Rezension: Rebecca Gablé - Hiobs Brüder
In "Hiobs Brüder" beschreibt Rebecca Gablé eine ebenso spannende wie blutige Epoche der englischen Geschichte aus der Perspektive derjenigen, die sonst selten zu Wort kommen.
Klappentext
Er weiß nicht, wer er ist, und so nennen sie ihn Losian. Mit einer Handvoll anderer Jungen und Männer lebt er eingesperrt in einer verfallenen Inselfestung vor der Küste Yorkshires. Als eine Laune der Natur ihnen den Weg in die Freiheit öffnet, wagen sie die Flucht zurück auf das Festland. Ein Abenteuer beginnt und ein Suche – und Losian muss fürchten, dass er den grauenvollen Krieg verschuldet hat, unter dem ganz England leidet…
Inhalt
England 1147: Die Männer, die wegen körperlicher Missbildungen oder psychischer Krankheiten von Mönchen auf einer verlassenen Insel weggesperrt wurden, haben wenig Hoffnung, die Außenwelt je wieder zu sehen. Sie bekommen nichts von dem Bürgerkrieg mit, der das Land zerreißt: Nach dem Tod des Königs streiten seine Tochter Maud und sein Neffe Stephen um die Herrschaft. Die Ordnung im Land ist nahezu zusammengebrochen und die Adligen auf beiden Seiten bereichern sich hemmungslos auf Kosten der einfachen Bevölkerung.
Es ist eine Welt im Chaos, in die Losian und die Männer, die er von der Insel retten konnte, zurückkehren, und sie nimmt wenig Rücksicht auf Menschen wie Oswald, der mit dem Down-Syndrom geboren wurde, oder den jungen Ritter Simon, der wegen seiner Epilepsie von seiner Familie verstoßen wurde.
Losian, ein Mann ohne Gedächtnis, aber mit dem Training und der Bildung eines Ritters, findet sich an der Spitze dieser Gruppe von Ausgestoßenen wieder. Obwohl er in seiner Vergangenheit eine Schuld vermutet, die so schrecklich ist, dass er sie vergessen musste, sucht er weiterhin nach Hinweisen auf seine Identität. Als er schließlich erfährt, wer er war, bestätigt sich eine seiner Ahnungen: Er hat eine Schlüsselrolle im Kampf zwischen Stephen und Maud gespielt und wird gedrängt, wieder darin aktiv zu werden. Und in Gestalt des jungen Henry gibt es zum ersten Mal Hoffnung auf einen Thronfolger, auf den sich das Land einigen kann.
Trotzdem kann er nicht so einfach an sein altes Leben anknüpfen. Insbesondere, da einige der Lücken in seiner Erinnerung sich als gefährlich erweisen könnten.
Die Handlung von „Hiobs Brüder“ umspannt mehrere Jahre und wechselt zwischen Politik, persönlichen Fehden, aber auch Liebesgeschichten und den Versuchen der Figuren, trotz ihrer Handicaps ihren Weg im Leben zu finden.
Figuren
Losian – stolz, unabhängig und mit einer diffusen Schuld belastet – beginnt das Buch als ein zutiefst geheimnisvoller Charakter und wird mit jeder Entdeckung über sich selbst facettenreicher. Aber er ist nicht die einzige interessante Figur. Gerade der Erzählstrang um Simon, der allmählich lernt, dass seine Krankheit ihn keineswegs definiert und eine enorme Entwicklung durchläuft, liest sich sehr befriedigend.
„Hiobs Brüder“ wartet auch mit vielen spannenden Nebenfiguren auf. Die Charaktere sind in der Regel sehr differenziert gezeichnet, die einzige Ausnahme sind einige Antagonisten, die einseitig bösartig erscheinen.
Stil
Der Roman ist durchgängig spannend und liest sich angenehm und flüssig. Die Sprache bricht nie mit dem historischen Setting, ohne dabei jedoch gekünstelt altmodisch zu sein.
Fazit
„Hiobs Brüder“ erzählt englische Geschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive und verknüpft eine Vielzahl von Ideen und Themen zu einer spannenden, stimmigen Geschichte, die vor allem durch lebendige, differenzierte Charaktere überzeugt.
Bastei Entertainment, Oktober 2009
Imprint: Bastei Entertainment
ISBN: 9783838701165

